Klimaschutzkonzept: Offener Brief

Einige persönliche Gedanken zur Ja aber Diskussion

Theresia Meinhardt, Co-Fraktions-vorsitzende
© Markus Bollen Photography

In den letzten Wochen habe ich einige Diskussionen mit den Kolleginnen und Kollegen der CDU, FDP und FWG zum Klimaschutzkonzept geführt. Sehr erfreulich ist zunächst, dass sich grundsätzlich alle dazu bekennen, dass wir ein Klimaschutzkonzept für unsere Stadt brauchen.

Danach geht leider unmittelbar die Ja aber Diskussion los.

Ja aber, das können wir uns nicht leisten.

Ja aber, die nachfolgenden Generationen müssen finanziell nicht überbelastet werden.

Ja aber, das müssen Kreis/Land/Bund oder Verbraucherzentrale machen.

Ja aber, die Zahlen sind doch veraltet und seit 2020 haben wir doch schon viel geschafft.

Ja aber, wir wollen die Bürgerinnen und Bürger nicht umerziehen.

Die Liste ließe sich fortsetzen.

Die Frage ist doch: Wollen wir uns endlich unserer Verantwortung stellen und auch in Bergisch Gladbach Klimaschutz effektiv und verantwortungsvoll voranbringen?

Der Kollege Wagner von der CDU hat im letzten Planungsausschuss gesagt „Wir müssen die Bürger mitnehmen!“ Ja genau, lieber Kollege. Genau darum geht es.

Die Stadt hat ein integriertes Klimaschutzkonzept für die ganze Stadt vorgelegt und nicht nur für die Reduzierung der 2% Emissionen, die aus den städtischen Liegenschaften resultieren. Marketing, Beratungsangebote und das Bekanntmachen von Best-Practice Beispielen sind essenzielle Bausteine, um die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen und zu beraten. Ziel ist, eine Dynamik zu entfachen, die den Weg in die Klimaneutralität positiv begleitet.

Niemand spricht von umerziehen! Das ist reine Polemik, liebe FDP.

Die Bürgerschaft ist erfreulicherweise viel weiter. Die Klimaschutzstelle erhält schon heute eine Fülle von Anfragen zu Photovoltaik, energetischem Sanieren, zur Wärmeplanung, zu Recyclingthemen usw. Im Rahmen ihrer Kapazitäten werden diese Anfragen auch beantwortet oder weitervermittelt. Klar ist aber auch, dass dadurch viele andere Dinge liegen bleiben, die nicht liegen bleiben dürfen! Das Konzept sieht nicht vor, dass wir Doppelstrukturen aufbauen wollen. Es geht um Multiplikation, um Vernetzung und um das Bekanntmachen von Beratungsleistungen, die schon andere erbringen. Dafür braucht es Menschen in der Verwaltung, die diese Informationen sammeln, sie für die Homepage der Stadt aktuell aufbereiten und Best-Practice Beispiele zur Nachahmung bekannt machen. Ein Beispiel ist der Vorgartenwettbewerb – den hatte die CDU beantragt und auch bekommen.

Der Kreis berät aber eben nicht, wie immer behauptet, zu einer möglichen PV-Installation – er organisiert und rechnet eine Förderung ab.

Die Bauaufsicht braucht dringend Unterstützung, um mehr Beratungsleistungen zu energetischem Sanieren anzubieten und für den Aufbau der E-Ladesäulen Infrastruktur gibt es zwar ein kreisweites Konzept, aber die planerische Koordinierung auf städtischem Gebiet muss schon von uns gemacht werden. Gleiches gilt für den Aufbau der Mobilstationen.

Das Aufregungspotential bei Maßnahmen wie „Abfalltrennung in der Stadtverwaltung“ oder „fleischarmes/fleischloses Essen in der Schule“ ist erwartbar hoch. Mülltrennung lernt man in der 4. Klasse, habe ich mir von Kollegen vorhalten lassen. Fakt ist aber, bisher gibt es in der Stadtverwaltung keine gelben Säcke. Es gibt nur Papier und Restmüll. Beim Thema Fleisch in der Schule, bin ich zuversichtlich, dass dies von Seiten der Schule und der Elternschaft sowieso immer häufiger eingefordert wird. Auch hier ist die Bürgerschaft viel weiter als manche in der Politik meinen. Wenn dies also aus dem Konzept gestrichen werden sollte, ist dies bedauerlich, aber die Welt geht davon nicht unter.

Sie wird aber immer ungemütlicher, wenn wir weiter zu wenig tun. Es ist mittlerweile eine Binsenweisheit, dass Nichtstun zu immer höheren gesellschaftlichen Folgekosten führt. Jeder Euro, den wir vor Ort in Klima- und Umweltschutz und in Klimaanpassungsmaßnahmen stecken, ist um ein Vielfaches rentierlich (vgl. nachfolgendes Rechenbeispiel). Zudem ist das Klimaschutzkonzept ziemlich auf Kante genäht und zeigt nur einen Pfad auf, wie Bergisch Gladbach das 1,75° Grad Ziel erreichen kann. Von dem eigentlich 1,5° Grad Ziel sind wir weit entfernt!

Wer also Maßnahmen aus dem Integrierten Klimaschutzkonzept herausstreichen möchte, muss sagen, wie wir an anderer Stelle mehr Tempo machen.

Ein filetiertes Klimaschutzkonzept ist wie der Versuch, ein zukunftsfestes Haus zu bauen, dem das Fundament und die Fenster fehlen. Solange die Sonne scheint und der Wind nur mäßig weht, kann man sich über die eingesparten Kosten freuen. Wenn es aber ungemütlicher wird, dann muss man sich Fragen gefallen lassen.   

Deswegen drehen wir den Spieß doch mal herum!

Ja aber, wie stellen sich die Filetierer vor, dass Bergisch Gladbach bis 2045 klimaneutral wird?

Ja aber, was gedenkt ihr zu tun, um unsere Bürgerinnen und Bürger angemessen zu informieren?

Ja aber, wie wollen wir ohne diese Information die Halbwertszeit von Erinnerungen erhöhen, wo doch schon heute die Flut von 2021 mit ihren desaströsen Folgen auch in Bergisch Gladbach schon vergessen scheint?

Ja aber, wer zahlt die horrenden Folgekosten, wenn wir jetzt nicht genügend handeln?

Ja aber, wie wollen wir die gesetzlich vorgeschriebenen und damit demokratisch legitimierten Vorgaben erfüllen, wenn wir die Latte nicht endlich höher legen?

Überwinden wir diese Diskussion und bekennen uns ohne Wenn und Aber zum Klimaschutz!