Bergisch Gladbach – Stadt von morgen

Vision

Es ist frisch um 5:30 Uhr in der Frühe an diesem Aprilmorgen. Noch frisch in Erinnerung ist Anna auch, wie mühsam ihr Arbeitsweg in die Seniorenresidenz in Schildgen früher doch gewesen ist: die nächstgelegene Haltestelle unbequem weit entfernt, noch nicht einmal überdacht und mit zwei Verbindungen pro Stunde eher Warte-, denn Haltepunkt. Pünktlich zum Schichtbeginn im Wechseldienst an der Arbeitsstelle zu sein hieß damals auch, viel Zeit für einen an sich überschaubaren Arbeitsweg einplanen zu müssen. 

Seit der erfolgreichen Umsetzung des Bergisch Gladbacher Mobilitätskonzepts sieht ihr Arbeitsweg angenehmer aus. Heute geht sie einige Meter zur öffentlichen Quartiersgarage, in welcher sie sich als Inhaberin ihrer erschwinglichen Mobi-Card einen eMini auswählt. Auf dem Weg zur Arbeit nimmt sie noch einen Kollegen mit. – Dies zu organisieren ist viel einfacher, seit es die interkommunale Mobilitäts-App gibt. Zwölf Minuten später sind sie am Ziel. Noch ist der Parkplatz recht leer, sodass es noch nicht notwendig ist, extra einen der für Carsharing Autos reservierten Parkplätze zu nutzen.

Ihren 5-jährigen Sohn Paul wird heute ihr Mann Klaus in die Kita bringen. Weil die S-Bahn seit wenigen Jahren in der Rush Hour im 7,5-Minuten Takt verkehrt, kann auch die morgendliche Familienroutine noch besser zwischen beiden Elternteilen aufgeteilt werden und man kommt ohne Parkstress zuverlässig zum Arbeitsplatz, Zeitunglesen auf dem Weg inklusive. 

Quartiere neu gedacht

In dem jungen Quartier hat sich um den Kernbereich herum ein buntes, abwechslungsreiches Zusammenleben entwickelt: Die fußläufig erreichbare Kita bildet einen Anziehungspunkt für junge Eltern mit ihren Kindern, welche in den verkehrsberuhigten Straßen nun auch wieder mehr Raum für Begegnung und Spiel in der eigenen Nachbarschaft vorfinden. Weil die Kita im fünften Stock eines modernen Holzbaus sitzt und auch die Dächer angrenzender Gebäude als Spielplatz nutzt, ist nun dieser mit seiner tollen Aussicht für den Rest des Tages zu einem beliebten Anlaufpunkt geworden. 

In der Nachbarschaft hat sich eine neue Kultur des Miteinanders etabliert. Grillabende auf einem der Quartiersplätze mit Grillstellen (vom Quartiersverein betrieben und vermietet), Flohmärkte und Quartiersfeste haben schon viele Begegnungen möglich gemacht. Bei diesen Gelegenheiten hat sich schon so manches Problem durch nachbarschaftliche Hilfe gelöst. 

Auch die neuen Grünflächen, welche auf den nicht weiter benötigten Parkplätzen entstanden sind, tragen frische Luft und neue Möglichkeiten für Treffen aller Art ins Viertel. Dass trotz des weiteren Bevölkerungswachstums kaum zusätzliche Flächen verbaut werden mussten, hat viel mit dieser neuen Baukultur zu tun. Es konnte sich damals niemand vorstellen, aber die höhere Dichte ist im Alltag kaum wahrnehmbar, dafür gibt es, wegen der höheren Besucherfrequenz, ein neues Café, einen neuen Buchladen, der viele Veranstaltungen macht und den Regio-Laden mit Produkten aus dem Umland. 

Als Paul schließlich in der Kita eintrifft, hat Anna sich bereits zwei Stunden in der Seniorenresidenz um die Pflege der hier betreuten Menschen gekümmert. Diese sind zum größten Teil bereits lange im Quartier verwurzelt, kennen sich seit Jahren und hatten oftmals bereits vor dem Umzug in die Einrichtung miteinander zu tun. Dabei sind längst nicht alle Bewohner auf Pflege und Unterstützung angewiesen: immer früher im Leben entscheiden sich Menschen aus dem Umfeld der Einrichtung für den Umzug in die Residenz. Der Komplex wurde um altersgemischte, innovative Wohnformen ergänzt, die besonders attraktiv sind für Menschen, die sonst allein in großen Einfamilienhäusern lebten und noch viel zu vital sind für klassische Altenwohnformen. 

Alltagsaufgaben grün bewältigt

Heute wird Anna nur bis 12:00 Uhr arbeiten. Das flexible Arbeitszeitmodell, welches ihr Arbeitgeber kürzlich eingeführt hat, schafft ihr gänzlich neue Möglichkeiten, ihren Alltag zu organisieren. Auch wenn Gänge zum Amt wegen der umfassenden digitalen Angebote der Verwaltung kaum mehr notwendig sind: einen Termin beim Facharzt wahrzunehmen, fällt ihr heute deutlich leichter.

Auch das Einkaufen in Bergisch Gladbach hat sich verändert: Was Anna auf dem Heimweg besorgt, passt meist in den Rucksack oder die Satteltaschen. Wenn nicht, wird es von der Einzelhandelsgemeinschaft GL später bei ihr zuhause vorbeigebracht: Ein inklusiver Lieferdienst, der von der AWO betreut und vom Arbeitsamt finanziell gefördert wird, transportiert Einkäufe gegen Spende per elektrischem Lastenrad an Haushalte im Gladbacher Stadtgebiet. Das Projekt hat über die Jahre bereits viele Menschen wieder an das Arbeitsleben herangeführt – und für viele die letzten Gründe beseitigt, mit dem eigenen Auto zum Supermarkt auf die grüne Wiese fahren. Der innerstädtische Einzelhandel konnte sich so besser gegen die Online-Konkurrenz behaupten und nebenbei wird die Umwelt geschont. 

Eine auf die Bedürfnisse der Bürger*innen ausgerichtete Verwaltungsreform hat nach Anlaufschwierigkeiten auch die Potenziale der Digitalisierung für sich erschlossen, aber nicht, um Personal einzusparen, sondern, um das Gemeinwesen auch mit besseren Angeboten zu stärken. Sehr viele Anliegen, auch von Gewerbetreibenden, werden allein auf elektronischem Wege gelöst. Der persönliche Termin, den viele vor allem im neuen, klimaneutralen Stadthaus wahrnehmen, bleibt weiterhin möglich, und ist immer auch Gelegenheit, noch eben einen Abstecher in die neue Stadtbibliothek oder das benachbarte Repair-Café zu machen. 

Gutes Leben durch gute Kommunalpolitik

Anna, Klaus und Paul leben gern in Bergisch Gladbach – auch wenn die kleine Familie mit einem sehr begrenzten Budget auskommen muss. Für Klaus, der als Angestellter in Teilzeit bei der Stadt Köln, sowie freiberuflich in einer Künstlerakademie arbeitet, waren vor allem auch die sehr guten Bedingungen auf dem Wohnungsmarkt ein Argument für die Familiengründung an der Strunde. Lokalpolitische Entscheidungen schafften die Grundlage dafür. Gleich mehrere Impulse hat die Stadt mit ihrem neuen Baulandmanagement gesetzt: Die Stadt kauft seither alle Baugrundstücke an, und vergibt diese dann, nach einer integralen Nachhaltigkeitsplanung, überwiegend in Erbpacht. Nicht nur hat dies die Mietpreise generell gedämpft, auch sind die Bau- und Betriebskosten durch klug geplante Infrastruktur und innovative Bauprojekte rückläufig. Nebenbei ist Flächensparsamkeit so zu einer selbstverständlicheren Qualität geworden. 

Auch aus diesem Grund bewohnt die Kleinfamilie eine kompakte 3-Zimmer Wohnung in einem Projekt einer jungen Genossenschaft. Der große Vorteil des Zusammenlebens in dieser, für Bergisch Gladbach noch neuen Wohnform, ist die Option auf ein Schaltzimmer – oder auch eine größere Wohnung innerhalb des Quartiersverbunds. Die vielfältigen Gemeinschaftseinrichtungen, die ihre Genossenschaft anbietet, könnten sie sich so andernorts gar nicht leisten und in ihrem alten Quartier haben sie nur einen Bruchteil der Leute so gekannt wie hier. Die Entbehrlichkeit eines eigenen Autos schafft zudem viel Luft gegen Monatsende. 

Neue Stadt schafft Wandel

Das Geld für Benzin gibt die Familie heute viel lieber für Lebensmittel von Bio-Erzeugern aus der Region aus, die man inzwischen oft persönlich kennt. Auf den Wochenendstreifzügen auf dem bergischen Radroutennetz – sie mit dem Rennrad, er zumeist mit Paul im Quartiers-Lasten-E-Rad – hat man oft schon auf Höfen Halt gemacht und viele Dinge nicht nur verstanden, sondern auch gesehen und begriffen: Weniger Masse, dafür bessere Qualität.

Manchmal sind am Wochenende auch die Nachbarin und ihre Tochter dabei. Dass sie als Alleinerziehende ihre 80% Stelle bei einem lokalen Bio-Tech Unternehmen schafft liegt auch daran, dass die Kitas in Bergisch Gladbach immer flexiblere Möglichkeiten geschaffen haben. Dass sie an zwei Tagen die Woche von zu Hause arbeiten kann, ist nichts Ungewöhnliches mehr. Die notwendige Internetverbindung war durch die kompakte Stadtentwicklung und die daraus resultierende (Regionale-) Förderung für die Stadt viel leichter zu erreichen. 

Der Klimawandel geht trotz Allem an Bergisch Gladbach nicht ganz spurlos vorüber, doch dieses Quartier ist wegen der guten Klimaplanung oft die wenigen Grade kühler, die den Unterschied machen. Dächer mit reflektierenden Dachmaterialien, oftmals unterbrochen durch insektenfreundliches Grün, Solaranlagen und auch Gemeinschaftsdachterrassen für die BewohnerInnen tragen dazu bei. Und so wird das Quartier nicht zuletzt auch an sehr heißen Tagen Anziehungspunkt für Menschen aus umliegenden Vierteln. Diese genießen entweder den Biergarten, oder aber das Sitzen am Trichterbrunnen, welcher dank seiner Gestalt auch als Regenwasserrückhaltebecken für die häufiger gewordenen Starkregenereignisse genutzt werden kann. 

Es ist ein netter Ort. Vor allem einer, der das Gefühl rechtfertigt, dass es gemeinsam eben doch anders geht. 


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